Grundlagen
3. Die iTV-Applikation
Für die Umsetzung von Konzepten und Inhalten des interaktives Fernsehens bedarf es nicht unbedingt zusätzlicher Technologien. Eine kreative Kombination von herkömmlichen Medien z.B. von klassischem Fernsehen, Telefon und Laptop bietet bereits sehr viele Möglichkeiten. Viele weitere Konzepte lassen sich auch optimal mit Tablets realisieren.
In vielen Fällen ist jedoch eine unmittelbarere Interaktion vor und mit dem Fernsehgerät wünschenswert, z.B. um den Inhalt zu pointieren, das Erlebnis zu intensivieren oder schlicht um die Abrechnung zu erleichtern. Eine solche Form der Interaktion wird durch sogenannte „iTV-Applikationen“ ermöglicht.
Auf der inhaltlichen Ebene könnte man eine iTV-Applikation mit den „Extras“ einer DVD vergleichen. Es handelt sich also um ein multimediales, in sich abgeschlossenes aber auf einen Fernsehinhalt bezogenes Angebot.
Für die Darstellung von und Interaktion mit iTV-Applikationen wird eine Rechnereinheit in oder am Fernsehgerät benötigt. Hinzu kommen weitere technische Anforderungen wie zum Beispiel WAN-Schnittstellen oder Zugriff auf Standard-Funktionen des Empfangsgeräts.
Die wirkungsvolle Gestaltung von iTV-Applikationen ist schwierig.
- Die Rechnereinheit ist aus Kostengründen oft deutlich weniger performant als Entwickler und Benutzer vom PC oder Laptop gewöhnt sind.
- Die Schnittstellen Fernseher und TV-Fernbedienung unterscheiden sich von der gewohnten mächtigen Kombination aus hochauflösendem Monitor und Maus.
- Fernsehsendung und iTV-Applikation teilen sich das gleiche Ausgabemedium. Da die Mehrheit der Zuseher nicht interagiert, muss die Fernsehsendung darüber hinaus auch komplett ohne iTV-Applikation funktionieren.
- Eine iTV-Applikation sollte sowohl mit als auch ohne parallele Benutzung von Tablets sinnvoll und ansprechend sein.
Auf der anderen Seite bietet die iTV-Applikation Wirkungen und Möglichkeiten, über die keines der klassischen Medien verfügt. In der iTV-Applikation werden zentrale Vorteile der Medien Fernseher/Receiver und PC/Laptop kombiniert und weitergehend angereichert.
- Das Verwenden des Fernsehers als Ausgabemedium führt z.B. zu den Vorteilen der ständigen Verfügbarkeit, des emotional positiv besetzten Wohnzimmers als Interaktionsraum und der Verwendung eines oft großflächigen Displays.
- Vom PC wird das unerschöpfliche Potenzial von PC-Anwendungen und World Wide Web übernommen.
- Aus dieser Kombination ergibt sich die unmittelbare Verzahnung von kollektivem Fernsehinhalt und individuellem Zusatzangebot. Das bedeutet z.B. das Fehlen eines Medienbruchs und die perfekte Synchronisation.
Diese Kombination fördert viele inhaltliche und betriebswirtschaftliche Konzepte wie z.B.:
- individuelle Videoinhalte auf Abruf auf dem gewohnten und gewünschten Ausgabemedium
- synchronisierte und individualisierte Werbung und Teaser
- „1-click“ Merchandising
Of wird unter interaktivem Fernsehen im engeren Sinne auch schlicht die Bereitstellung von iTV-Applikationen verstanden.
Die Bedeutung von iTV-Applikationen kann sich durch zukünftige Technologien noch deutlich verstärken. Zu nennen sind z.B. Heimnetzwerke und die Verwendung von Fernbedienungen mit taktiler Rückmeldung.
Harald Molina-Tillmann
Einführung in das interaktive Fernsehen
3. Die iTV-Applikation